AES FLUKS Anlage zersetzt Kunststoffabfälle
"Das ist wirklich ein tolles, innovatives und umweltschonendes Vorzeigeprojekt für die Zukunft und dann stammt es auch noch aus dem Kreis Düren, genauer gesagt aus Merzenich. Recycling ist ein großes Thema und die Firma AES denkt sogar noch weiter", lobt Landrat Wolfgang Spelthahn die Arbeit der sechs Mitarbeiter von AES Autonome Energiesysteme GmbH bei seinem Unternehmensbesuch. Drei junge Visionäre hatten 2018 das Bedürfnis, etwas ganz Neues zu machen. Es entstand die Idee, gemischte Kunststoffabfälle zu einem hochwertigen Öl zu verarbeiten beziehungsweise zu zersetzen – und das auch noch mit bis zu 75 Prozent weniger CO2-Emissionen im Vergleich zur herkömmlichen Abfallverbrennung.
Das Ziel: Kunststoffabfälle, also beispielsweise Kunststoffe wie PE (Polyethylen), PP (Polypropylen) oder PET (Polyethylenterephthalat) als Rohstoff zu nutzen. Denn das Öl kann entweder energetisch genutzt oder an Raffinerien gewinnbringend verkauft werden. Die Kunststoffe werden – wie bisher und sonst üblich – bei AES nicht verbrannt, sondern bei dem sogenannten Pyrolyse-Prozess bei Temperaturen bis 650 Grad zersetzt. Weil sie dabei nicht mit Sauerstoff in Berührung kommen, ist es folglich keine Verbrennung. 2019 folgte die Unternehmensgründung und die Teilnahme am AC² Gründungswettbewerb. Im vergangenen Jahr wurde eine eigene Werkshalle in Merzenich bezogen und der erste Prototyp in Betrieb genommen. Außerdem hat AES an einem Forschungsprojekt teilgenommen sowie am AC² Wachstumswettbewerb. Im vergangenen April waren die Entwickler auf der Hannover-Messe, einer Industriemesse mit internationaler Bedeutung, vertreten. Sie hatten neben rund 4000 anderen Unternehmen einen Stand und stellten ihre Pilotanlage vor. Firmen können mit der AES FLUKS Anlage, die in einem 20-Fuß Container geliefert wird, ihre Kunststoffabfälle recyceln. FLUKS ist übrigens ein Akronym für die "flexible, umweltschonende und kostensparende Anlage" und eine eher zufällige Anspielung auf den Fluxkompensator (Kernstück einer Zeitmaschine) aus der Filmreihe "Zurück in die Zukunft". Neben dem Container befindet sich der Öltank. Das Team erarbeitet individuelle, auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnittene Pläne auf dem Weg zu einer nachhaltigen Zukunft. Dieses System produziert knapp 90 Prozent des benötigten Stromes selbst und aus zehn Tonnen Kunststoff können bis zu acht Tonnen Öl gewonnen werden – je nach Kunststoff.
Umso genauer zuvor getrennt wird, desto besser ist die Qualität des Öls, erklärt Andres Sheldrick, einer der drei geschäftsführenden Gesellschafter: "Gutes Öl setzt sich nicht ab, ist also nicht dickflüssig und kann besonders gut weiterverwendet oder verkauft werden." Das Öl kann dann in Raffinerien zu neuen Ausgangsmaterialien (also zu Grundbausteinen für neue Kunststoffe) veredelt werden. Noch ein Pluspunkt für die Kunden von AES: Durch die automatisierte Steuerung der Anlage braucht sich das Unternehmen, das seine Kunststoffe recyclen möchte, um nichts zu kümmern. AES übernimmt die Überwachung und Wartung durch ein Online-Analysesystem und der 24-Stunden-Wartungsservice vermeidet Stillstand und Reparaturkosten. Eine grüne Investition, die sich durch das gewonnene Öl und die Ersparnis in puncto Müllverbrennung, selbst trägt. Marco Karber, neben Jonas Bonus und Andres Sheldrick, ebenfalls geschäftsführender Gesellschafter ist stolz auf die eigene Entwicklung: "Jeder Liter Öl, der von uns hergestellt wird, ist ein Liter Öl weniger, der aus der Erde gefördert werden muss."
Heißt also: PET-Flaschen, Verpackungsmaterial, Folien, Seile, Plastikschüsseln, Joghurtbecher, Einwegverpackungen, Rohre, DVD-Hüllen und vieles mehr können mit der Anlage aus Merzenich weiterverarbeitet werden. Und der Umweltgedanke bei den Kunden – ja in der gesamten Gesellschaft – steigt. Cedric Hohenschue, Konstruktionsingenieur bei AES, betont, dass es noch weitere Ziele und Möglichkeiten gibt. Gemeinsam mit der FH Aachen hat es ein Forschungsprojekt zu der Wertschöpfung aus bisher nicht recycelbaren PVC-Abfällen gegeben. Gefördert wurde dies von der Europäischen Union durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie EFRE.NRW (EFRE-Förderung in NRW). Durch den Fonds werden in Nordrhein-Westfalen Investitionen in zentralen Zukunftsfeldern angestoßen, die digitale und grüne Entwicklungen vorantreiben. "Wir wollen noch mehr für die Umwelt tun und Lösungen für aktuelle Probleme finden. Beispielsweise lässt PVC, also Polyvinylchlorid, Edelstahl nach 20 Minuten rosten. Wenn wir da einen Durchbruch erhalten würden, wäre das großartig", so Cedric Hohenschue. Guido Zintl von der Gemeinde Merzenich und Dr. Maria Schoeller, Vorsitzende des Ausschusses Wirtschaftsförderung und Strukturentwicklung der Gemeinde Merzenich, zeigten sich ebenfalls begeistert von der Vision. "Wir könnten uns auch eine Zusammenarbeit auf größerer Ebene vorstellen. Die Einwohnerinnen und Einwohner von Merzenich würden sich mit Sicherheit gerne am Recycling beteiligen und ihren Müll zur Verfügung stellen", so Guido Zintl.
Auch bei Landrat Wolfgang Spelthahn sprudelten Ideen zu möglichen Kooperationen in der Zukunft. Denn ab einem gewissen Punkt und einigen Recyclingprozessen kann Kunststoff nicht mehr weiter recycelt werden, das wäre genau der Moment, an dem die AES FLUKS Anlage greifen könnte. Denn die hier verwendeten Abfälle kann sonst noch keiner weiterverwenden und sie werden im Kreislauf gehalten. "Wenn sich viele Menschen aus dem Kreis Düren zusammentun würden, hätten wir schnell große Erfolge und könnten gleichzeitig etwas Sinnvolles aus dem Müll machen", so Landrat Wolfgang Spelthahn bei seinem Unternehmensbesuch. Die Firma, die sich bisher durch private Investoren finanziert, hat große Ziele: irgendwann größere Anlagen bereitstellen, mit Müllerverbrennungsanlagen zusammenarbeiten und den Müll von Endverbrauchern (und größeren Unternehmen) zersetzen. Als nächstes plant die AES Autonome Energiesysteme GmbH, erst einmal weitere Mitarbeiter einzustellen. Nicht zuletzt kommt auch hier wieder die Wirtschaftsförderung des Kreises ins Spiel. Anette Winkler, Wirtschaftsförderin des Kreises Düren, plant eine weiterhin enge Kooperation: "Wir unterstützen immer gerne – erst recht bei solch fortschrittlichen Plänen. AES sucht aktuell nach Elektromechatronikern, Ingenieuren und besonders Chemietechnikern, die bei der Expansion helfen." Weitere Informationen zu dem Unternehmen und die jeweiligen Kontaktpersonen gibt es unter www.aestechnik.de (Öffnet in einem neuen Tab).