"Alle 15 Kommunen im Kreis und der Kreis selbst sind sich einig, wachsen zu wollen."
Ein Blick auf den Kreis Düren: Was war 2023 wichtig und richtig, was folgt 2024? "Es war ein erfolgreiches und spannendes, aber auch ein anstrengendes Jahr", sagt Landrat Wolfgang Spelthahn im Gespräch mit der "Kreis-Rund" Redaktion. Trotz der Krisen, mit denen die Menschen auch 2023 leben mussten, zieht der Landrat ein positives Fazit. Wichtige Themen wie der Klimaschutz oder der Ausbau von Kita-Plätzen wurden im Kreis Düren vorangebracht. "Auf diesem Weg soll es weitergehen", betont Landrat Wolfgang Spelthahn. "Für die Menschen und mit den Menschen im Kreisgebiet."
Auch das Jahr 2023 war wieder durch Krisen geprägt: Zunächst noch durch eine hohe Inflation, den weiter andauernden russischen Angriffskrieg in der Ukraine und nun auch noch durch den Krieg in Israel mit heftigen Kämpfen im Gaza-Streifen. Zuvor unter anderem: die Corona-Pandemie. Kommen wir aus dem Krisenmodus gar nicht mehr hinaus?
Wolfgang Spelthahn: Wir hatten über viele Jahre eine sehr angenehme Phase mit Frieden, Wirtschaftswachstum und sprudelnden Steuereinnahmen. Es schien, als wäre alles im Lot. Dann kamen plötzlich unterschiedliche Krisen und wenn man abends die Nachrichten schaut, kann man manchmal den Eindruck haben, es gäbe kein Licht mehr am Ende des Tunnels. Niemand kann heute sagen, es würde alles gut. Aber ich halte es für wichtig, Signale der Zuversicht zu senden, denn die wirtschaftliche Lage und vieles andere hängt auch mit Stimmungen zusammen. Wenn wir uns in eine kollektive Depression begäben, würde das die Krise nur noch mehr verstärken.
Sie sprechen viel mit den Menschen im Kreis Düren. Wie ist die Stimmung angesichts dieser vielen Krisen?
Wolfgang Spelthahn: In der Gesellschaft herrscht aktuell mehr Angst als Zuversicht. Deshalb ist es wichtig, dass es endlich wieder klare Signale aus der Politik gibt. Auf allen Ebenen muss die Politik vorangehen und den Menschen die Angst nehmen, indem verlässliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Das muss das Ziel für 2024 sein: dass wir eine klare Agenda haben und wissen, wohin wir uns gemeinsam entwickeln.
Wie kann diese Agenda aussehen?
Wolfgang Spelthahn: Neben der Angst spüren wir auch Unsicherheit. Vieles ist aktuell ungewiss. Wie geht es mit dem Ausbau der regenerativen Energien weiter, wie entwickeln sich die Preise für die Lebenshaltung oder die Zinsen, meinen wir es ernst mit dem Bürokratieabbau? Das sind nur einige Beispiele. Wenn wir dazu klare Rahmenbedingungen haben, wird auch wieder mehr Zuversicht einkehren.
Sind Sie zuversichtlich?
Wolfgang Spelthahn: Ich nehme bei all den berechtigten Sorgen der Menschen gerne die positiven Entwicklungen wahr – und davon gab es im Jahr 2023 wieder eine ganze Menge. Unsere Wachstumsoffensive ist gut vorangekommen. Mittlerweile leben rund 280.000 Menschen im Kreis Düren, was vor einigen Jahren noch viele nicht für möglich gehalten hätten. Laut Statistischem Landesamt sollten wir sogar schrumpfen. Es ist ein tolles Signal, wenn wir sehen, dass viele neue Bürgerinnen und Bürger bei uns im Kreis Düren leben wollen. Das zeigt, dass wir ein sehr attraktiver Lebensraum sind. Ich bin grundsätzlich optimistisch, bei mir ist das Glas halbvoll statt halbleer. Aber ich habe natürlich auch für andere Sichtweisen Verständnis, vor allem bei den Menschen, die tatsächlich nicht auf der Sonnenseite stehen.
Wie bewerten Sie das Jahr 2023 für den Kreis Düren?
Wolfgang Spelthahn: Insgesamt haben wir uns im Kreis Düren sehr gut weiterentwickelt. Gerade unser Kreis hat im Strukturwandel alle Chancen, zu einer noch attraktiveren Region zu werden. Daran haben wir auch 2023 intensiv gearbeitet. Wir wissen alle, dass fossile Energien ein Auslaufmodell sind. Deshalb setzen wir im Kreis Düren seit vielen Jahren auf Wasserstoff. Es gibt die erste Wasserstofftankstelle im Kreisgebiet, weitere sind geplant. Wir haben außerdem wieder ein erfolgreiches Klimaschutzpaket geschnürt, das viele Menschen mit Zuschüssen unterstützt und viele Millionen Euro Investitionen im Kreisgebiet ausgelöst hat. Darüber hinaus haben wir die Zahl der Kita-Plätze erheblich ausgebaut oder unterschiedliche Aktionen gestartet, um dringend benötigte Fachkräfte in den Kreis Düren zu holen.
Welche Pläne haben Sie für 2024?
Wolfgang Spelthahn: Ich bin froh, dass es im Kreis Düren eine hohe Gemeinsamkeit gibt und wirklich viele engagierte Akteure an einem Strang ziehen. Das ist bemerkenswert. Alle 15 Kommunen im Kreis und der Kreis selbst sind sich einig, wachsen zu wollen. Dabei geht es nicht nur um zahlenmäßiges Wachstum, sondern auch um qualitatives: Arbeitsplätze, Bildung, Klimaschutz und Ausbau umweltfreundlicher Energien, Kita-Plätze, Gesundheit, Digitalisierung: Das sind nur einige Themen, an denen wir zusammen arbeiten. Das sind Bereiche, in denen wir weiter wachsen werden. Unser Ziel muss es sein, die Dinge, die wir schon gut vorbereitet haben, 2024 weiter auszubauen. Wichtig ist, dass alle nun in ihren Bereichen weiter Gas geben. Der Kreis Düren ist sehr vielfältig aufgestellt; wir leben einerseits in einer Wissenschaftsregion mit dem Forschungszentrum und dem Helmholtz-Institut in Jülich, andererseits in einer höchst attraktiven Tourismusregion im südlichen Teil des Kreisgebietes. Entscheidend ist insgesamt eine größtmöglichen Geschlossenheit: Eine Gesellschaft ist genau dann stark, wenn sie ihre Kräfte bündelt. Streit und andere Auseinandersetzungen lähmen eine gute Entwicklung.
Was wünschen Sie den Menschen im Kreis für 2024?
Wolfgang Spelthahn: Wir haben ja gerade Weihnachten gefeiert und deshalb möchte ich noch einmal die Kernbotschaft des Festes in Erinnerung rufen: Fürchtet euch nicht. Daraus können wir viel Zuversicht gewinnen, wenn wir es wollen. Vieles kommt auf unseren eigenen Blickwinkel an, auf unsere persönliche Haltung. Im Großen und Ganzen geht es uns in Deutschland verglichen mit anderen Ländern recht gut. Es hilft, immer mal wieder inne zu halten und uns zu vergegenwärtigen, wo wir stehen. Wir haben Zugang zu einer Spitzenmedizin. Welches Land verfügt über eine so sicheren Rechtsstaat, in dem jede und jeder nach wie vor frei seine Meinung sagen kann? Wer sonst hat eine so gute Infrastruktur wie wir in Deutschland? Natürlich geht es immer noch besser und in manchen Bereichen müssen wir auch noch besser werden, aber insgesamt leben wir auf einem Level, den sich viele andere auf der Welt wünschen. Dafür bin ich dankbar.